In memoriam Prof. Schmidt

Am 22. September 2023 verstarb Prof. Dr. med. dent. Helmut Schmidt in Marburg.

Der 1929 in Zuckmantel geborene Schmidt ist uns bekannt als Erfinder des Duraphat® und als Initiator des „Marburger Modells“ der zahnmedizinischen Prophylaxe.

Mit seinen Experimenten zur Entwicklung eines an den Zähnen haftenden und dadurch Tiefenwirkung erzielenden Fluoridlackes hatte Prof. Schmidt bereits 1960 an seiner Hochschule in Marburg begonnen. Nach rund 10-jähriger Forschungsarbeit erzielte er schließlich den Durchbruch mit einem hydrophilen Fluoridlack. Durch seine Lösung in Alkohol nahm dieser die Feuchtigkeit auf den Zähnen auf und erreichte damit eine bessere und längere Haftungszeit als es zuvor möglich war. Das 1968 als Arzneimittel zunächst in Deutschland registrierte Duraphat® verbreitete sich weltweit über Zulassungen in den USA, Südamerika, Asien, Afrika und dem Ostblock – auch „Kinderstomatologinnen“ in den Jugendzahnkliniken der DDR wandten es an.

„Die einfache Applikationsmethode erlaubt es, den Zeitpunkt kariesprophylaktischer Touchierungen bei Kindern erheblich vorzuverlegen.“ beschreibt Prof Schmidt sein Präparat 1969 in den zm. „Es ist damit erstmals die Möglichkeit gegeben, mit einer Methode der lokalen Fluorid-Applikation das Milchgebiss vom Durchbruch der ersten Milchmolaren an kariesprophylaktisch zu versorgen.“ Damals wie heute kann ein Zahnarzt den Lack auch ohne zahnärztliche Behandlungseinheit auftragen. Zunächst verwendete Schmidt dazu noch ein mit Watte umwickeltes Holzstäbchen, später dann eine Karpulenspritze mit stumpfer Kanüle - „gezielt an den Fissuren und Grübchen, approximal, an den Füllungsrändern und an den Stellen beginnender Entkalkung“ - hieß es in den zm 22/86 zum Auftragen per Spritze.

Das besondere Anliegen des als ruhigen und netten Kollegen beschriebenen Wissenschaftlers, der stets seine Arbeit in den Vordergrund stellte, war es, mit seiner Erfindung die Kariesprophylaxe in den Schulen voranzubringen. Zusammen mit Christel Born, die zu dieser Zeit als Jugendzahnärztin bei der Stadt Marburg arbeitete und Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Prof. Schmidt war, führten sie ab 1981 das als „Marburger Modell“ bekannte Prophylaxeprogramm an den Grundschulen des Landkreises und ab 1988 im Landkreis Marburg-Biedenkopf ein. Zur Basisprophylaxe gehören Zahnputztraining, Informationen zur Mundgesundheit, die Duraphat®-Touchierung zweimal im Jahr und  bis zu zweimal im Jahr die Vorsorgeuntersuchung in allen 1. bis 6. Klassen. Für Kinder in Schulen mit einem hohen Anteil an Kariesrisikokindern wurde ab dem Schuljahr 1995/96 die Betreuung intensiviert um zwei zusätzliche Prophylaxeimpulse und demnach eine viermal jährliche Fluoridlacktouchierung angeboten.

Der Bundesverband der Zahnärztinnen und Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes e. V. (BZÖG) ehrte Christel Born und Prof. Helmut Schmidt im Jahr 2002 mit seiner höchsten Auszeichnung, dem Silbernen Ehrenzeichen (ZGD 3.02) für ihre Verdienste für die Verbesserung der Mundgesundheit.

Noch immer gilt das „Marburger Modell“ als Best Practice-Modell. Inzwischen schließt es alle Altersgruppen von 0 bis 16 ein, wie die damalige Teamleiterin im Fachdienst Prävention und Beratung im Gesundheitsamt des Landkreises Marburg-Biedenkopf, Petra Völkner-Stetefeld, den zm im Mai 2008 berichtete. „Es wurde mehrfach evaluiert. Im Vergleich mit den DAJ-Daten für Hessen haben wir mit dem Marburger Modell über alle Untersuchungen hinweg bessere Ergebnisse hinsichtlich der Kariesprävalenz erzielen können.“ Eine Reihe internationaler Studien belegt die positive Wirkung der Anwendung von Fluoridlacken in der Kariesprophylaxe.

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