Deswegen haben Kleinkinder in Belgien so schlechte Zähne
Studie zu Einflussfaktoren auf die Mundgesundheit
2023 lag der T-Health-Index bei fünf- bis siebenjährigen Kindern in Belgien bei 17,7 (Der T-Health-Index basiert auf dem Kariesindex DMFT, gibt jedoch den funktionellen Zustand wieder, indem gesunde Zähne höher als gefüllte oder fehlende Zähne bewertet werden). Viele Länder in Europa haben Programme zur Verringerung von Karies eingeführt, auch Belgien, doch die nach wie vor hohe Karieserfahrung bei Kindern zeigt, dass weitere Anstrengungen zur Verbesserung der Mundgesundheit vonnöten sind.
Daten der belgischen Regierung zur Inanspruchnahme der Gesundheitsversorgung belegen, dass 2023 fast die Hälfte der belgischen Kinder unter vier Jahren noch nie beim Zahnarzt war (47,9 Prozent), bei Kindern aus Familien mit niedrigem Einkommen waren es sogar 62 Prozent). Vor dem Hintergrund, dass die Krankenversicherung die zahnärztliche Untersuchung für diese Kinder vollständig übernimmt, wollten die Forschenden mit der vorliegenden Studie wissen, wie es zu dieser Diskrepanz kommt.
Ziel war, im Dialog mit den Eltern die bewussten und unbewussten Mechanismen dahinter zu erforschen und möglicherweise blinde Flecken in der zahnmedizinischen Versorgung aufzudecken. Es wurden außerdem Informationen von Fachkräften eingeholt, die regelmäßig mit Kleinkindern und ihren Familien arbeiten und direkt oder indirekt an der Förderung der Mundgesundheit von Kindern beteiligt sind.
Die Mundgesundheit von Kleinkindern wird demnach von verschiedenen Faktoren beeinflusst, maßgeblich sind:
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Zeitmangel: Obwohl fast alle Eltern wussten, dass sie die Zähne ihrer Kinder zweimal täglich für zwei Minuten putzen sollten, blieb dies insbesondere morgens teilweise aus, weil die Zeit drängte und der Familienalltag hektisch verlief. Der Mundhygiene wurde dann eine geringere Priorität als anderen Dingen eingeräumt.
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unkooperatives Verhalten der Kinder: Nahezu alle Eltern beschrieben, dass ihre Kinder zuweilen unkooperativ waren, beispielsweise den Mund nicht öffneten, den Kopf wegdrehten oder gegen das Zähneputzen protestierten. Die Eltern begegneten diesem Verhalten mit Strategien, das Zähneputzen zu einem angenehmen Erlebnis oder Spiel zu machen oder das Kind abzulenken. Andere reagierten mit Zwang, Verärgerung oder Drohungen. Oder sie versuchten dem Kind zu erläutern, warum die Zahnpflege wichtig ist und übertrugen somit die Verantwortung dafür dem Kind. Nicht alle Eltern hatten die Ausdauer oder Konsequenz, das Zähneputzen durchzusetzen. Gleichzeitig berichteten Eltern, bei denen das Zähneputzen zur Routine geworden war, dass ihr Kind kooperativer war.
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Mundhygienegewohnheiten der Eltern: Auch beim Zähneputzen sind die Eltern ein wichtiges Vorbild für ihre Kinder. Dabei „färbten“ nicht nur die Frequenz und Dauer des Zähneputzens ab, sondern auch die Art und Weise, zum Beispiel, ob eine Handzahnbürste oder ein elektrisches Modell verwendet wurde oder wie regelmäßig Kontrolluntersuchungen in der Zahnarztpraxis wahrgenommen wurden.
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familiäre und kulturelle Normen: Die eigenen Gewohnheiten und Erfahrungen in der Kindheit prägten das Verhalten der Eltern. Einige wollten ihre Kinder etwa vor schlechten Erfahrungen bewahren, die sie selbst gemacht hatten. Zum Teil übernahm auch ein Elternteil das bessere Mundhygieneverhalten des anderen. Einige Eltern mit Migrationshintergrund berichteten, dass sie der Mundhygiene aufgrund kultureller Prägung weniger Bedeutung beimaßen und ihre Zahnarztpraxis eher bei Schmerzen als zur Vorbeugung aufsuchten. Beschwerden bei den Kindern motivierten manche Eltern dazu, die Mundhygiene ihrer Kinder zu verbessern.
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unklare Zuständigkeiten und mangelndes Wissen bei Gesundheitsfachkräften: Familienhilfen sowie Kinder- und Hausärzte sind wichtige Ansprechpartner für Eltern, aber über das Thema Mundgesundheit zum Teil nicht ausreichend informiert. Sie gaben in den Interviews sogar vereinzelt falsche Empfehlungen. Es war die Tendenz zu erkennen, dass die Verantwortung „weitergereicht“ wurde. Gleichzeitig hatten gerade Eltern mit Migrationshintergrund mehr offene Fragen und Zweifel, die auf diese Weise möglicherweise unbeantwortet blieben.
„Im Allgemeinen wissen alle Eltern über die Mundgesundheitspflege von Kleinkindern Bescheid“, stellten die Autoren abschließend fest. Ihnen fehle allerdings vor allem die Fähigkeit, dieses Wissen bei unkooperativem Verhalten in die Praxis umzusetzen. Die aktuellen Interventionen, die auf das Wissen der Eltern über Mundgesundheit setzen, seien daher unzureichend, um das Verhalten der Eltern zu ändern. Stattdessen sollten Interventionen auch auf Erziehungskompetenzen wie Verhaltensmanagement ausgerichtet sein.
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