Rückstand bei evidenzbasierter Gesundheitsversorgung
Wissenschaftliche Erkenntnisse sollten stärker in die gesundheitspolitische Entscheidungsfindung fließen
Die Umsetzung einer konsequent evidenzbasierten Gesundheitsversorgung sei in Deutschland auch drei Jahrzehnte nach Etablierung der Cochrane Collaboration noch nicht flächendeckend gewährleistet. Darauf weist Cochrane Deutschland jetzt in einem Positionspapier hin.
Drei strukturelle Defizite behindern laut Cochrane Deutschland die evidenzbasierte Versorgung:
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Hürde 1 – unzureichende Aufarbeitung der Studienlage: Das aktuelle medizinische Wissen liegt häufig fragmentiert in zahlreichen Einzelstudien vor. Erst systematische Evidenzsynthesen – wie sie die Cochrane Collaboration erstellt – ermöglichen eine belastbare Bewertung der Datenlage. Diese aufwendige Arbeit erfordert jedoch erhebliche personelle und finanzielle Ressourcen. „Für viele klinisch relevante Fragestellungen fehlen nach wie vor hochwertige systematische Reviews, weil die öffentliche Förderung nicht ausreicht“, betont Prof. Dr. Jörg Meerpohl, Direktor von Cochrane Deutschland. Ohne solche Synthesen seien evidenzbasierte Leitlinien und damit eine verlässliche Patientenversorgung kaum möglich.
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Hürde 2 – fehlende Veröffentlichung klinischer Studien: Ein erheblicher Anteil klinischer Studien bleibt weltweit unveröffentlicht. Dies führt nicht nur zu ineffizientem Ressourceneinsatz, sondern verzerrt die Evidenzbasis und gefährdet die Validität systematischer Analysen. Cochrane Deutschland fordert daher verbindliche Regelungen zur verpflichtenden Registrierung und zeitnahen Veröffentlichung aller Studienergebnisse – flankiert von einer systematischen Kontrolle der Einhaltung.
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Hürde 3 – eingeschränkter Zugang zu wissenschaftlichen Informationen: Selbst wenn qualitativ hochwertige Evidenz verfügbar ist, bleibt sie für viele Akteure im Gesundheitswesen schwer zugänglich – etwa durch Paywalls oder eine wenig verständliche Darstellung. „Wir benötigen differenzierte, frei verfügbare Informationsformate für unterschiedliche Zielgruppen: evidenzbasierte Patienteninformationen, politikrelevante Kurzberichte sowie Fachzusammenfassungen für Ärztinnen und Ärzte“, so Meerpohl.
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